Der internationale Austausch gewinnt für die Veranstaltungsbranche zunehmend an Relevanz. Federführend in Europa: die LiveCom Alliance. Christoph Kamber, Präsident von EXPO EVENT Swiss LiveCom Association und Alexander Ostermaier, Geschäftsführer von fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft erklären, in welchen Bereichen sich die Verbände aktuell am stärksten vernetzen. 

Die LiveCom Alliance hat zum Ziel, lokales Fachwissen und Best Practices auf eine gesamteuropäische Ebene zu bringen. Entsprechend lautet das Motto: «Unite, Learn, Inspire». Inwiefern konnten Sie in der LiveCom Alliance bis jetzt voneinander profitieren?

Alexander Ostermaier: Ich bin erst seit 2022 Geschäftsführer von fwd: und daher noch nicht sehr lange dabei. Was ich aber schon jetzt sagen kann: Mit der LiveCom Alliance haben wir die Möglichkeit, Synergien zu nutzen und ein Thema gemeinsam anzugehen. Sie schafft eine ideale Plattform, indem sie Verbände zusammenbringt, deren Mitglieder in keinerlei Konkurrenzsituation stehen. Bereits bei meinem ersten Treffen mit Christoph Kamber habe ich zum Beispiel festgestellt, dass EXPO EVENT im Bereich Nachhaltigkeit auf einem ähnlichen Weg ist wie wir in Deutschland. Und so haben wir uns diesbezüglich schnell und offen vernetzt.

Christoph Kamber: Unser letztes Treffen, welches im Oktober 2022 stattfand, ging in eine sehr gute Richtung mit dem aus meiner Sicht bisher grössten Output. Die LiveCom Alliance hat beim R.I.F.E.L.-Institut eine europaweite Umfrage in Auftrag gegeben, anhand der wir festgestellt haben, wie unterschiedlich in der Schweiz, Deutschland und Frankreich die Rahmenbedingungen und Restriktionen während der Pandemie waren. Und wir haben Gemeinsamkeiten entdeckt bezüglich der Hilfsmassnahmen. Wichtig ist nun für die Zukunft, dass wir einen gemeinsamen Nenner finden. Wir wollen für uns in Anspruch nehmen, als LiveCom Alliance Standards zu setzen.


Standards setzen – können Sie hierzu ein Beispiel nennen?

Alexander Ostermaier: Anhand einer Metastudie des R.I.F.E.L.-Instituts haben wir im Juni 2020 herausgefunden, dass – allerdings inklusive Peripherie wie Gastronomie, Hotellerie etc. – in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen in der Veranstaltungsbranche arbeiten.
Dass wir so ein gewaltiges Ausmass haben, war nicht einmal uns selbst bewusst. 2021 haben wir eine weitere Studie mit dem R.I.F.E.L.-Institut durchgeführt, die gezeigt hat, dass es bereinigt, immer noch 1,13 Millionen Erwerbstätige, Selbstständige und freie Mitarbeitende sind, die der Veranstaltungsbranche angehören. Damit sind wir der sechstgrösste Wirtschaftszweig Deutschlands – noch vor dem Bauhauptgewerbe. Das zeigt uns auf: Wenn wir es schaffen, dieses Wissen auf europäischer Ebene hinzubekommen, ergibt sich ein riesiges Potenzial.

Christoph Kamber: Ich verschlinge diese R.I.F.E.L.-Studien aus Deutschland jeweils regelrecht und es ist mein Ziel, dass wir auch in der Schweiz mehr und kleinteiligere Daten erheben. Die Definition des Marktes ist absolut zentral, um überhaupt zu sehen, wie gross und wichtig dieser für die Gesamtwirtschaft ist. Wenn dies ersichtlich ist, entwickelt man ein neues Selbstbewusstsein. Das Attribut «Sechstgrösster Wirtschaftszweig in Deutschland» beispielsweise gibt doch einfach extrem viel her! Deswegen ist es so eine wichtige Aufgabe der Allianz, dies anzugehen und Standards zu setzen. Das ist eine Herkulesaufgabe, die viel zu tun, aber auch enorm viel Sinnhaftigkeit gibt.


Sie haben vorhin die Nachhaltigkeit angesprochen. Wo spannen Sie hier zusammen?

Alexander Ostermaier: In der EU gilt bei grossen Unternehmen eine Reportingpflicht im Bereich Nachhaltigkeit. Unternehmen müssen sich also die Frage stellen: An wen kann ich meine Aufträge vergeben? Um diesem Reporting gerecht zu werden, braucht es eine Zertifizierung. Hier gibt es verschiedene Varianten und teilweise ist es sogar so, dass unterschiedliche Branchen andere Zertifizierungen bevorzugen. Aus unserer Sicht ist einer der massgeblichen Standards die ISO-Norm 20121 – Event Sustainability Management Systems, welche für die Olympischen Spiele 2012 in London eingeführt wurde. Christoph hat mir viel darüber erzählt, wie es EXPO EVENT macht. Und so begleiten auch wir unsere Mitglieder nun bei der Zertifizierung: Aktuell sind es zehn Unternehmen, die sich zusammen vorbereiten und Synergien nutzen. Das ist insbesondere wichtig, weil eine Zertifizierung in Deutschland sehr teuer ist, zwischen 20'000 und 27'000 Euro. Und das für eine Branche, die vor allem aus kleinen Playern besteht.

Christoph Kamber: In der Schweiz ist der Druck für die Zertifizierung von staatlicher Seite her noch nicht so gross und auch die Kosten sind geringer. In der Schweiz gibt es eine Zertifizierung bereits ab 3'500 Franken – also ein sehr attraktives Angebot. Aber der wirtschaftliche Druck auf Unternehmen wächst und deshalb ist auch das Interesse und die Akzeptanz unserer Mitglieder gross. Leider war im vergangenen Sommer eine gewisse Zurückhaltung zu spüren, weil unsere Mitglieder all die verpassten Events nachzuholen und daher keine Zeit für eine Zertifizierung hatten. Wir sind aber gut unterwegs und haben viele Interessierte in der Pipeline.




LiveCom Alliance: Verankert in zehn Ländern
Die in den Niederlanden ansässige LiveCom Alliance vereint zehn nationale Branchenverbände mit insgesamt rund 1'000 Mitgliedern. Neben EXPO EVENT und fwd: sind dies EVCOM (Grossbritannien), ACC (Belgien), LÉVÉNEMENT (Frankreich), IDEA (Niederlande), APECATE (Portugal), emba (Österreich), CLUB DEGLI EVENTI (Italien) und AEVEA (Spanien). Mehr Informationen

Christoph Kamber ist seit 2020 Präsident des Verbandes Expo Event Swiss LiveCom Association und Managing Partner bei Redspark, Experience & Event Culture.

Alexander Ostermaier ist seit März 2022 Geschäftsführer von fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft. Davor leitete er während elf Jahren die Neumann&Müller (N&M) Veranstaltungstechnik. 



EXPO EVENT Verband: Im Rahmen einer Partnerschaft präsentiert der EXPO EVENT Verband auf den Kanälen von eventlokale.ch monatlich ein spannendes Thema aus der Eventwelt. Bei Fragen oder Anregungen steht die EXPO EVENT Geschäftsstelle gerne zur Verfügung:

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